Arbeitsmarkt : Immer mehr Nebenjobs

In Deutschland gibt es immer mehr Arbeitnehmer, die ihren Verdienst mit einem Nebenjob auffrischen. 2012 war es jeder elfte, mehr als je zuvor. Das mag sich jetzt rechnen, könnte sich im Rentenalter aber rächen.

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Nach Statistiken der Arbeitsagentur haben immer mehr Deutsche einen Zweitjob. Warum das so ist, sagt die Statistik nicht..

Die Deutschen gehen immer mehr arbeiten: Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen nach dem Feierabend im Hauptberuf noch einem Nebenjob nachgegangen. Im Juni 2012 stieg deren Anzahl im Vergleich zum Vorjahresmonat um 80.000 auf 2,57 Millionen Doppel-Arbeitnehmer. Das geht aus dem Arbeitsmarktbericht 2012 der Bundesagentur für Arbeit hervor, der jetzt für Wirbel sorgt. Fast 9 Prozent der Arbeitnehmer haben demnach einen Zweitjob. Seit 2003 müssen für Minijobs keine Sozialabgaben mehr gezahlt werden. Damals lag der Anteil der Nebenjobber noch bei 4,3 Prozent.

Warum ist das so? Eine Erklärung wäre: Weil die Löhne nicht mehr ausreichen, um nicht sozial abzurutschen, gehen die Menschen mehr arbeiten. So sieht es zum Beispiel der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), für den die Zunahme der Minijobber eine „dramatische Folge des riesigen Niedriglohnsektors in Deutschland“ ist. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte: „Es ist ein Armutszeugnis, dass Millionen Beschäftigte in einem der reichsten Länder der Erde wegen des Lohndumpings zwei oder drei Jobs zum Leben brauchen.“ Ähnlich kommentierten auch SPD, Linkspartei und Grüne die Entwicklung.

Das Bundesarbeitsministerium sorgte mit seiner Deutung für Aufregung: Eine Sprecherin von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte auch „gestiegene Konsumlust“ als mögliche Ursache für die vielen Nebenjobber genannt. Gewerkschaften, Opposition, aber vor allem hunderte Twitter-Nutzer hatten sie dafür scharf kritisiert. Auch sie sahen Niedriglöhne als Ursache für den Anstieg der Minijobs.

Mit Bestimmtheit kann die Gründe niemand nennen. „Wir wissen es nicht“, sagt auch Ilona Mirtsin von der Bundesagentur für Arbeit. Sie vermutet, dass sowohl Niedriglöhne als auch der Wunsch nach besonderen Konsumgütern als Gründe in Frage kommen. „Mit allen Tönen, die dazwischen liegen!“, so die Arge-Sprecherin. „Aber das ist bloße Spekulation.“

Nebenjobs können sich jetzt rechnen, im Alter aber zu Problemen führen. Denn auch wenn das aktuelle Auskommen mit dem Zuverdienst aufgefrischt wird, erhöht sich durch den Minijob nicht der Rentenanspruch. Mehr Rente würde es nur für die Arbeit im sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf geben.

Text und Foto: Benjamin Laufer