Wassersperren : Den Hahn abgedreht

4294 Mal haben die Hamburger Wasserwerke in den letzten fünf Jahren Haushalten das Wasser abgesperrt. Aus Sicht der Linken ein „sozialpolitischer Skandal“. Hamburg Wasser sieht den Senat in der Verantwortung, Hilfestellung anzubieten.

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Allein im vergangenen Jahr wurde 730 Hamburger Haushalten das Wasser abgestellt.

Bis zu 943 Haushalte im Jahr waren nach Angaben des Senats in den vergangenen Jahren von Wassersperren betroffen. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken hervor. Ohne Wasser sind nicht nur das Duschen und der Abwasch unmöglich. Auch die Toilette spült nicht mehr. „Das ist ein sozialpolitischer Skandal, der die Würde vieler Menschen in Hamburg verletzt und den der Senat verantwortet, weil die Stadt zu 100 Prozent Eigentümerin der Wasserwerke ist“, kritisiert Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Linken.

„Kunden, denen das Wasser abgestellt wird, zahlen in der Regel zügig die ausstehenden Gelder damit sie wieder an die Wasserversorgung angeschlossen werden“, entgegnet Matthias Sobottka, Pressesprecher von Hamburg Wasser. Im vergangenen Jahr habe der Konzern 185.000 Mahnungen wegen verspäteter Zahlungen versendet. „Am Ende mussten wir aber nur 5270 Mal mit der Absperrung der Wasserleitung drohen.“

Sobottka weist darauf hin, dass sogar noch beim ersten Absperrversuch die Möglichkeit zur Zahlung bestünde. „Unsere Mitarbeiter können nicht einfach in die Wohnung hinein spazieren und das Wasser abstellen“, sagt Sobottka. Das Unternehmen müsse stattdessen vor Gericht ziehen und die Sperrung mit einem Gerichtsvollzieher durchführen. „Bis es dazu kommt, vergehen in der Regel neun Monate.“ Viel Zeit, die ausstehenden Gebühren zu zahlen. Trotzdem erfolgten im vergangenen Jahr 730 Sperren.

Ein Grund ist, dass sich viele Betroffene zu spät oder gar nicht um Hilfsangebote bemühen. „In unserer Schuldenberatung sind Wassersperren kaum Thema“, sagt Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg. Unterstützung von Hamburg Wasser können die Schuldner auch nicht erwarten. „Der Staates ist in der Verantwortung, Hilfestellung den Kunden anzubieten“, so Sobottka. Hamburg Wasser habe hingegen die Aufgabe alle Kunden gleich zu behandeln. Auch bei der Verbraucherzentrale will man gar nicht auszuschließen, dass Wassersperren rechtmäßig sind. „Allerdings muss die Verhältnismäßigkeit stimmen“, so Hörmann. So kostet allein das Absperren und Öffnen einer Versorgung den Nutzer zusätzlich 105,30 Euro. Für Menschen mit wenig Geld eine hohe Hürde.

Bei Familien mit kleinen Kindern würde Hamburg Wasser allerdings von einer Sperre absehen, erklärt Sobottka. „Auch wenn nachweislich aus medizinischen Gründen die Wasserversorgung unabdingbar ist, sehen wir von einer Sperre ab.“

Seit dem 29. Mai beschäftigt sich auch die Hamburgische Bürgerschaft mit dem Thema. Die Linke hat beantragt die Wasser-Absperrungen mit sofortiger Wirkung zu stoppen. Über den Antrag wird nun im Sozialausschuss weiter diskutiert. Unter anderem auch über den Vorschlag, dass Kunden bei einer drohenden Einstellung der Wasserversorgung zumindest Informationsmaterial und Listen der Schuldnerberatungsstellen zugeschickt bekommen.

Text: Jonas Füllner
Foto: action press / Nibor