350.000 Flaschen gesammelt : Happy Birthday, „Spende dein Pfand“!

Die Projektleiter von „Spende Dein Pfand“: Lea Sophie Schön (Flughafen) und Stephan Karrenbauer (Hinz&Kunzt) umrahmt von Uwe (links) und Georgi. Foto: Lena Maja Wöhler

Unser Kooperationsprojekt mit dem Flughafen Hamburg und dem Grünen Punkt geht in die zweite Runde. Die Arbeitsplätze sind für ein weiteres Jahr gesichert. 

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

„Das Leben blieb einfach eine Baustelle“, sagt Uwe über sich selbst. „Aber ich war immer hier, ganz verlässlich. Dass ich das schaffe, habe ich selbst nicht gedacht.“ Allein, dass es ihm gelingt, morgens um 4.30 Uhr aufzustehen, wenn er Frühdienst hat! „Ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich jetzt sogar dann so früh aufwache, wenn ich frei habe“, sagt Uwe – und es schwingt eine gehörige Portion Stolz mit.

Auch Stephan Karrenbauer, Projektleiter und Sozialarbeiter von Hinz&Kunzt, ist froh, dass die ehemaligen Hinz&Künztler „eine so feste Crew geworden“ sind. „Keine einzige Schicht ist im vergangenen Jahr ausgefallen“, sagt er. Und das, obwohl die Männer sogar an Feiertagen wie Weihnachten und Silvester da sein müssen – und meistens alleine arbeiten.

Ein Jahr ist vergangen, seit „Spende dein Pfand“ an den Start gegangen ist. Für uns immer noch eine unglaubliche Geschichte. Denn begonnen hatte alles damit, dass wir richtig heftige Auseinandersetzungen mit „dem Flughafen“ hatten.

„Der“ hatte knapp 100 Anzeigen gegen Flaschensammler gestellt. Dagegen hatten wir mit einer Online-Petition protestiert. Die ungewöhnliche Antwort: Wollen wir nicht zusammen ein Projekt machen? Damit, dass wir tatsächlich ziemlich beste Freunde werden würden, hatten wir nun wirklich nicht gerechnet.

Hinz&Kunzt stellt drei Pfandbeauftragte ein

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Pfandbeauftragter Uwe
Ein Teil der Airport-Family

Das Projekt funktioniert so: Der Flughafen stellt Sammelbehälter in der Abflughalle auf und stellt uns einen Arbeitsraum zur Verfügung. Hinz&Kunzt stellt Pfandbeauftragte ein. Diese leeren und säubern die Container, sortieren die Flaschen und verpacken sie in Säcke. Der Grüne Punkt holt die Säcke ab und überweist uns den Pfanderlös. Davon bezahlen wir wiederum die Gehälter der Pfandbeauftragten. Außerdem übernehmen wir die Garantie für die Gehaltszahlungen, sollte im Projektjahr der Erlös nicht reichen. Und was uns ganz wichtig ist: Flaschensammler, die sich an die Airport-Regeln halten, dürfen aus den normalen Mülleimern Pfandflaschen sammeln.

Gerade kurvt Klaus wieder mit einem Sammelbehälter auf einer Sackkarre durch den Terminal. Inzwischen wurden die Container, in die die Fluggäste vor dem Einchecken ihre Flaschen werfen, sogar von sechs auf acht aufgestockt. „Man muss immer darauf achten, dass die Behälter nicht zu voll sind“, sagt er.

Ein bisschen traurig ist Klaus schon, dass er nicht mehr das Straßenmagazin verkauft. Jahrelang stand er vor Karstadt in der Mönckebergstraße. „Die Menschen und die Gespräche fehlen mir schon.“ Aber der Stolz darauf, einen richtigen Job zu haben, überwiegt. Zumal er Recycling „richtig wichtig“ findet. „Ich werfe noch nicht mal ein Briefkuvert weg, wenn man es noch gebrauchen kann“, sagt er.

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Hinz&Künztler Klaus findet seinen Job sehr sinnvoll. Denn Recycling ist voll sein Ding. Foto: Lena Maja Wöhler

„Warum soll ein Baum unnötig gefällt werden?“ Auch Georgi findet die Arbeit „super“. „Meiner Familie geht es gut!, sagt er in gebrochenem Deutsch. Für den Bulgaren ist der Job fast so etwas wie die Eintrittskarte in den Mittelstand. Er und seine Frau sind jetzt krankenversichert und Dank der Hilfe vieler Menschen haben sie sowie auch die Familie ihrer Tochter eine Wohnung bekommen. Vorbei die Zeiten, in denen sie zu acht in zwei Kirchenkaten lebten – auf 36 Quadratmetern. „Die Kinder haben jetzt sogar ein Kinderzimmer.“

Georgi hatte es vorher hart getroffen. Erst starb sein Vater, dann sein Onkel – in Bulgarien und in Portugal. Beide Male sprangen die Kollegen für ihn ein. Darüber ist er sehr glücklich. „Ist doch klar“, sagt Uwe. „Lieber mal mehr arbeiten als zu wenig.“

Auf Hartz IV will hier nämlich keiner mehr angewiesen sein. „Ich verdiene mein eigenes Geld und bin niemandem mehr darüber Rechenschaft schuldig. Dieses Gefühl möchte ich nicht mehr missen“, sagt Uwe. Muss er zum Glück auch nicht. Unser Kooperationsprojekt mit dem Flughafen und dem Grünen Punkt geht ins zweite Jahr.

Das ist gar nicht so selbstverständlich. Denn die ganze Zeit war es kühl und regnerisch – und die Passagiere tranken vor dem Einchecken eher Kaffee als Wasser. Entsprechend landeten nicht so viele Pfandflaschen in den Behältern wie gehofft. 265.000 hatten wir erst bis Mitte Juli. Aber zum Geburtstag am 1. September hatte wir die 350.000 voll gemacht. Damit können drei Vollzeitstellen finanziert werden. Mittelfristig soll eine halbe Stelle hinzukommen.

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Spende dein Pfand

Ein Wermutstropfen: J.s Vertrag wird nicht verlängert. „Es ist ein Wunder, dass er trotz seiner Krankheit das Jahr durchgehalten hat“, sagt Stephan Karrenbauer. „Jetzt muss er sich erst mal um seine Gesundheit kümmern.“ Absehbar ist jetzt schon, dass wir die halbe Stelle, die wir nachträglich geschaffen haben, derzeit nicht weiterfinanzieren können. Da wir für die Gehälter garantieren, wird sie erst wieder in der nächsten Hochsaison besetzt.

Rotary-Projekt „Deckel gegen Polio“ unterstützt

Langweilig wurde den Männern ihr Job bislang nicht. Vielleicht auch, weil man immer etwas Ungewöhnliches finden kann in den Containern. „Shampoo brauchen wir uns gar nicht mehr zu kaufen“, sagt Uwe. Einen teuren Gin und ein Paket Grillwürstchen haben die Männer auch schon mit nach Hause nehmen können. „Neulich habe ich sogar einen 1000er-Geldschein gefunden“, sagt Uwe und grient. „War aber leider aus Nigeria und nicht viel wert.“

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Ein eingespieltes Team: Pfandbeauftragter Klaus zusammen mit Lea Sophie Schön und Johannes Scharrnberg vom Flughafenmanagement. Foto: Lena Maja Wöhler.

Und sie haben sich freiwillig noch mehr Arbeit aufgebrummt und sammeln auch Deckel von Wasserflaschen – für das Rotary-Projekt „Deckel gegen Polio“. Die werden ebenfalls vom Grünen Punkt in Zahlung genommen. „Der Erlös von 500 Deckeln reicht für eine Impfung“, weiß Klaus.

Hauptinitiator Johannes Scharnberg (Airport Hamburg) findet das Projekt immer noch „eine klasse Sache“. „Vor einem Jahr haben wir ein Experiment gewagt – und es klappt tatsächlich.“ Die Kollegen seien inzwischen ein Teil des Flughafens geworden, sagt er. „Und das Thema Flaschensammeln haben wir am Airport nach dem großen Streit richtig befriedet.“

Für Lea Sophie Schön hat sich sogar ihr Blick auf die Welt verändert. Gerade mal ein halbes Jahr arbeitete sie am Airport, als sie die Projektleitung von Mitinitiatorin Mercedes Lazar-Heubel „erbte“. „Ich habe mir vorher nie Gedanken gemacht über Flaschensammler. Jetzt gehe ich ganz anders durch die Welt“, sagt sie. „Und dass wir drei Arbeitsplätze damit finanzieren können zeigt, wie viel Geld wir Tag für Tag in die Tonne schmeißen.“

Bildergalerie: Ein Jahr „Spende Dein Pfand“

  • Das ist sie: die Torte zum 1. Geburtstag unseres Kooperationsprojektes mit dem Hamburg Airport und dem Grünen Punkt. Foto: Sybille Arendt.
  • Uwe (Hinz&Kunzt-Pfandbeauftragter), Lea Schön (Projektleiterin Hamburg Airport), Martin Lausmann (Grüner Punkt). Georgi (Hinz&Kunzt-Pfandbeauftragter), Stephan Karrenbauer (Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter) und Klaus (Hinz&Kunzt-Pfandbeauftragter). Foto: Sybille Arendt.
  • Ein Blick in den Sammelraum am Terminal – mit der Pfandfaschenausbeute von zwei Wochen.  Foto: Sybille Arendt.
  • Unsere drei Pfandbeauftragten Uwe, Georgi und Klaus freuen sich: Sie können ins zweite Jahr gehen. Foto: Sybille Arendt.
  • Die Deckel werden gesondert gesammelt – für das Rotary- Projekt „Deckel gegen Polio“. Der Erlös von 500 Deckeln reicht für eine Impfung. Foto: Sybille Arendt.
Autor:in
Birgit Müller
Birgit Müller
Birgit Müller hat 1993 Hinz&Kunzt mitgegründet. Seit 1995 ist sie Chefredakteurin.

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