CDU-Antrag im Innenausschuss : Experten gegen Alkoholverbot

Wenn es nach der CDU geht, soll in der Stadt künftig an bestimmten Orten ein Alkoholverbot gelten. Experten haben sich dagegen ausgesprochen. Die SPD will auf Trinkerräume und Streetworker setzen und das Trinken in der Schanze begrenzen.

In Amsterdam bereits Realität: Alkoholverbot in der Öffentlichkeit. Foto: thomas_tkacsik/flickr.com, Lizenz: CC BY-ND 2.0

Der Gesetzesentwurf der CDU hat es in sich. An „örtlichen Brennpunkten“ wollen die Christdemokraten den Konsum von Alkohol verbieten, „um alkoholbedingten Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum wirksamer als bisher entgegentreten zu können“, heißt es im Entwurf. Auch das Mitführen von alkoholischen Getränken soll verboten werden, wenn sie in der Alkoholverbotszone getrunken werden sollen. Gemeint sind damit insbesondere Obdachlose und Alkoholiker, die zum Beispiel ihren Tag am Bahnhof verbringen und trinken. Am Donnerstag hatte der Innenausschuss der Bürgerschaft Experten aus ganz Deutschland ins Rathaus geladen, die sich zu den Plänen der CDU äußerten.

Nur wenige Experten sprachen sich für den Gesetzesentwurf der CDU aus. Matthias Klopfer, Oberbürgermeister der schwäbischen Stadt Schorndorf, hielt Alkoholverbote zwar für sinnvoll, sieht aber juristische Probleme. Petra Wiegel vom sächsischen Innenministerium war dafür, öffentliche Alkoholverbote auszusprechen, inklusive der Nebenwirkungen: „Polizeirecht kann zu Verdrängungseffekten führen, das ist nun mal so“, sagte Wiegel, die von der CDU vor den Ausschuss geladen wurde. Für andere war das ein Argument gegen ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen: „Die Menschen sind ja nicht weg“, gab der Kieler Sozialarbeiter Christoph Schneider zu bedenken. Die Trinker würden sich neue Plätze suchen, auf Spielplätzen zum Beispiel. „Irgendwann wird die Vertreibungspolitik durch die ganze Stadt gegangen sein und die Trinker werden wieder am Hauptbahnhof ankommen.“

Wäre ein Alkoholverbot sozial gerecht? Schneider, der von der SPD geladen wurde, findet: Nein. In Gaststätten und bei Großevents sei das Trinken schließlich auch nicht verboten. „Warum werden die einen als Straftäter diskriminiert und die anderen nicht?“, fragte er. Ähnlich argumentierte auch der Jurist Clemens Arzt, den die FDP geladen hatte: „Innerhalb von Gaststätten ist es offensichtlich kein Problem, wenn es zu Straftaten kommt.“ Deshalb bezeichnete er den CDU-Vorschlag als „symbolische Gesetzgebung“, die dem Rechtsstaat nicht weiter helfe: „Wir sollten uns Gedanken um die Ursachen der Probleme machen.“

Auch juristisch gab es kontra für das Alkoholverbot. „Man erfasst mit so einem Verbot sehr viele Menschen, die man eigentlich nicht meint“, sagte John Philipp Thurn von der Berliner Humboldt-Uni. Der GAL-Experte gab zu bedenken, dass Alkohol nicht allein ursächlich für Kriminalität sei: „Die meisten alkoholisierten Menschen werden nicht straffällig“, trotzdem wären sie von dem Verbot betroffen. Sein Kollege Clemens Arzt von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht pflichtete ihm bei und wies auf einen Paradigmenwechsel hin, den der CDU-Vorschlag bedeuten würde: Eigentlich sollen von polizeilichen Maßnahmen nur die betroffen sein, von denen eine Gefahr ausgeht. „Hier bekommt jeder präventiv ein Verbot auferlegt.“

SPD will Trinkern helfen

„Der CDU-Entwurf wird garantiert nicht kommen“, resümierte der SPD-Innenexperte Arno Münster nach der Sitzung gegenüber Hinz&Kunzt. „Wir halten diesen Ansatz für falsch.“ Grundsätzlich sieht er aber Handlungsbedarf, weil die öffentlichen Trinkgelage von vielen Menschen als Problem wahrgenommen würden. „Das kann aber nicht darin münden, dass wir das verbieten“, so Münster. Ihm schweben betreute Trinkerräume und der Einsatz von Streetworkern vor, um Konflikte zu lösen. Die Trinker seien oft schon „genug bestraft“, sagte Münster. „Denen muss man Hilfe geben!“

Auch in der Schanze wird derzeit über ein Alkoholverbot diskutiert. „Die Partygänger dort machen genau das Gleiche wie die Trinker am Bahnhof“, sagte Münster. „Sie haben nur bessere Klamotten an und mehr Geld in der Tasche.“ Er kann sich vorstellen, im Partyviertel die Nachtruhe auszuweiten und den Kiosken das Verkaufen von Alkohol zu untersagen. „Aber auch hier wird es kein generelles Alkoholverbot geben.“ Das kann er sich nur für die „Krawalltouristen“, wie er sie nennt, vorstellen. Denkbar wäre für den SPD-Politiker ein lokal begrenztes Alkoholverbot rund um den 1. Mai oder das Schanzenfest. So will er Ausschreitungen mit der Polizei verhindern. „Da passieren Straftaten, da müssen wir genau hingucken“, sagte Münster. „Alles andere muss eine Großstadt aushalten.“

Die CDU lässt sich allerdings von ihrem Vorhaben nicht abbringen, ein generelles Alkoholverbot an bestimmten Plätzen auszusprechen. „Wir werden über einige Punkte nochmal nachdenken müssen“, sagte ihr innenpolitischer Sprecher Kai Voet van Vormizeele zu Hinz&Kunzt. „Von der Grundintention werden wir aber bei unserem Antrag bleiben.“ Eine Mehrheit in der Bürgerschaft wird er aber wohl nicht finden.

Text: Benjamin Laufer

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