Streit um Bleiberecht : Kirche rät zur Einzelfallprüfung

In die Gespräche zwischen Senat, Flüchtlingen und Kirche kommt Bewegung: Bischöfin Kirsten Fehrs appelliert an die Flüchtlinge sich einer Einzelfallprüfung zu stellen. Ein Bleiberecht für die gesamte Lampedusa-Gruppe sichert die Innenbehörde allerdings nicht zu.

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„Herr Scholz, hätten Sie auch die Beatles abgeschoben?“ Im Rahmen einer Kunstaktion präsentieren sich die Flüchtlinge im Beatles-Outfit.

Im Streit um die Lampedusa-Flüchtlingsgruppe sieht die Nordkirche eine Lösung: Auch im Fall einer Ablehnung eines Bleiberechtsantrages würde die Innenbehörde die Flüchtlinge nicht umgehend abschieben, sagt Nordkirchen-Pressesprecher Mathias Benckert. Aufgrund dieses Entgegenkommens rät die Nordkirche den Flüchtlingen zu einer Einzelfallprüfung.

„Inzwischen bin ich zuversichtlich, dass der Senat eine Lösung finden wird, die den Lampedusa-Flüchtlingen den vorgeschriebenen Gang in ein behördliches Verfahren erleichtert“, sagte Bischöfin Fehrs am Mittwoch. Der Grund für ihren Optimismus: Die Nordkirche geht davon aus, dass die Innenbehörde bei einer Ablehnung eines Bleiberechtsantrags nicht die sofortige Rückführung anordnet. „Die Innenbehörde macht dadurch einen entscheidenden Schritt auf die Flüchtlinge zu“, so Nordkirchen-Pressesprecher Mathias Benckert. Denn bislang sei dies in Hamburg keine gängige Praxis gewesen. Einen solchen Kurzwechsel will Georg Krüger, Referent der Innenbehörde, gegenüber Hinz&Kunzt allerdings nicht bestätigen. Er sagt: „Wir nehmen selbstverständlich Rücksicht auf noch ausstehende Entscheidungen der Gerichte.“

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Die Flüchtlinge fragen: „Wir sind John, Paul, George und Ringo, und in Hamburg hat unsere Weltkarriere begonnen. Warum sollte so etwas heute nicht möglich sein?“

Bislang hätten sich 15 Personen bei der Ausländerbehörde gemeldet, so Krüger. Ob weitere Flüchtlinge sich einer Einzelfallprüfung stellen werden, ist noch offen. Viel wird davon abhängen, wie weit der Senat ihnen entgegen kommt. „Der Senat spricht immer von fairen Verfahren“, so Ralf Lourenco, Sprecher der Flüchtlingsunterstützern. „Aber bei Einzelverfahren geht nur Zeit ins Land. Der Senat rückt nicht von seiner Linie ab, die den Menschen eben keine Perspektive in Hamburg einräumt.“ Deswegen hoffen die Flüchtlinge weiterhin auf ein Bleiberecht nach dem Paragraf 23 Aufenthaltsgesetz. Dieser Paragraf besagt, dass die Bundesländer in Absprache mit dem Bund einer Flüchtlingsgruppe aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen können.

Praktische Hilfe hat den Flüchtlingen bereits der Bezirk Altona zugesichert. Die Bezirksversammlung stimmte am Donnerstag einen Antrag der St. Pauli-Kirche zu, der die Aufstellung von beheizten Wohncontainern vorsieht. Zählen können die Flüchtlinge darüber hinaus auf breiten Zuspruch der Anwohner und Institutionen rund um die St. Pauli-Kirche. „Wir appellieren an den Senat, dass eine Lösung gefunden wird, die den Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet und in Hamburg gestrandet sind, gerecht wird“, sagt FC St. Pauli-Pressesprecher Christoph Pieper. Am Freitag werden Anwohner erneut für ein Bleiberecht der Gruppe auf die Straße gehen. Die Demonstration startet im Anschluss an die Begegnung des FC St. Pauli gegen den SV Sandhausen um 20.30 Uhr auf dem Südkurvenvorplatz. „Wir hoffen darauf, dass alles friedlich verläuft“, so Pieper.

Text: Jonas Füllner
Fotos: enmedio