Reihe Gerechte Stadt : Diskussion um Winternotprogramm

Noch gibt es keine Minusgrade, aber die Nachfrage nach Plätzen im Winternotprogramm ist schon jetzt enorm.  Über menschenwürdige Alternativen diskutieren Experten der Wohnungslosenhilfe am Dienstag.

Städtisches Winternotprogramm in der Spaldingstraße: Schon am ersten Tag 159 von 160 Betten belegt.

Seit dem 1. November läuft das diesjährige Winternotprogramm der Stadt. 252 Plätze stehen derzeit für Obdachlose als Erfrierungsschutz bereit: 160 in der Unterkunft in der Spaldingstraße, 92 in Wohncontainern bei Kirchengemeinden. Für diese Plätze bewarben sich allein 120 Menschen.

Im städtischen Winternotprogramm in der Spaldingstraße blieb bereits in der ersten Nacht nur ein Bett frei. Bei Bedarf will Sozialsenator Detlef Scheele wie im vergangenen Jahr die Plätze aufstocken und gegebenenfalls ein weiteres Gebäude für Obdachlose öffnen.

Wieder geöffnet ist dieses Jahr auch die Beratungsstelle für osteuropäische Obdachlose.  Anders als 2011 ist sie jedoch räumlich getrennt von der Spaldingstraße und befindet sich jetzt im Gewerkschaftshaus Besenbinderhof. Mit der räumlichen Trennung von Unterbringung und Beratung will Senator Scheele deutlich machen, dass es „kein All-inclusive-Angebot“ gäbe. Scheele will das Winternotprogramm nicht als Zuwanderungsprogramm verstanden wissen, betonte aber es sei „für alle da.“

Das kleine Hinz&Kunzt-Winternotquartier hat ebenfalls seit Anfang November offen. Wir haben ein leerstehendes Bürogebäude angemietet. Dort können 15 Hinz&Künztler den Winter verbringen. Es gibt maximal Zweibettzimmer. Und: Hier dürfen auch Hunde hinein – was  in der Spaldingstraße verboten ist.

Hinzu kommen in den großen Unterkünften Platzmangel, Mangel an Privatsphäre und an Perspektiven. Hinz&Kunzt und weitere Experten der Wohnungslosenhilfe fordern  das ganze Jahr über Plätze zur Verfügung zu stellen – nicht nur im Winter. Denn: Ein Notprogramm ist keine Antwort auf fehlende Wohnungen. Wie muss ein Winternotprogramm aussehen, dass sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert? Wie ist die Bilanz des vergangenen Jahres? Und: Was bedeutet die Obdachlosigkeit von Menschen mit und ohne deutschen Pass für das Hilfesystem? Darüber wird diskutiert im Rahmen der Reihe „Gerechte Stadt“. Vorab gibt Andreas Stasiewicz einen Impuls. Er berät EU-Bürger vor allem aus Osteuropa am Besenbinderhof.

Über das Winternotprogramm diskutieren:

Andrea Hniopek, Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot
Bettina Prott, Behörde für Soziales, Abteilung Wohnungslosenhilfe und öffentliche Unterbringung
Uwe Lohmann, SPD, Mitglied der Bürgerschaft  und
Birgit Müller, Hinz&Kunzt-Chefredakteurin
Moderation: Kathrin Erdmann, Journalistin

Text: SIM
Foto: Mauricio Bustamante 

 

 

Dienstag, 13.11., 17.30 Uhr, Tagesaufenthaltsstätte Herz AsNorderstr. 50, Eintritt frei

 

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159 von 160 Plätzen in der Spaldingstraße belegt
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