Wohnungsnot in Hamburg : „Die Mieten explodieren“

Ein Quadratmeter Wohnen kostet in Hamburg durchschnittlich 7,15 Euro im Monat. Das besagt der neue Mietenspiegel. Der stete Anstieg von Mieten trifft besonders auch Hilfeempfänger. Für die Entwicklung macht der Mieterverein zu Hamburg auch Mieter mit verantwortlich, die Erhöhungen klaglos hinnehmen.

Wohnen in guter Lage wie hier am Isebekkanal in Eppendorf ist besonders beliebt – und besonders teuer. Eine kleine Altbauwohnung kann hier bis zu 11,48 Euro pro Quadratmeter kosten.

Im November wurde der Hamburger Mietenspiegel 2011 vorgestellt. Der Mietenspiegel gibt eine Übersicht über die ortsüblichen Nettomieten in der Stadt – je nach Wohnlage, Baualtersklasse und Größe. Demnach betragen die Kaltmieten im frei finanzierten (also nicht öffentlich geförderten) Wohnungsbestand durchschnittlich 7,15 pro Quadratmeter. Das sind 0,39 Euro beziehungsweise 5,8 Prozent mehr als laut Mietenspiegel 2009. Zwischen 2007 und 2009 lag der Mietanstieg mit 3,6 Prozent deutlich niedriger. Die aktuelle Mietenentwicklung liegt erneut über der allgemeinen Preisentwicklung – hier betrug der Zuwachs im Vergleichszeitraum 3,7 Prozent.

Laut Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sei die von vielen erwartete „exorbitante Steigerung ausgeblieben“. Das sieht Dr. Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, anders. Er spricht von einer „regelrechten Explosion der Mieten“. Pahlke sieht die Einschätzung des Mietervereins bestätigt, „dass Normalhaushalte in Hamburg immer größere Schwierigkeiten haben, ihre Mieten zu zahlen“. Zu beklagen sei insbesondere ein extrem starker Anstieg der Mieten im Altbau: „Die dort einst günstigen Mieten sind heute kaum bezahlbar.“

„Wer soll denn das bezahlen?“

So kostet eine Altbauwohnung bis 66 Quadratmeter Größe in normaler Wohnlage jetzt im Schnitt 1,03 Euro mehr pro Quadratmeter als noch vor zwei Jahren (8,23 Euro statt 7,20 Euro). Bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung wäre damit zum Beispiel eine Erhöhung der Kaltmiete um 60 Euro pro Monat möglich. „Wer soll denn das einfach so bezahlen?“, fragt Pahlke.

Der merkliche Anstieg der Mieten hat auch Auswirkung auf Haushalte von Hartz-IV-Empfängern, deren Miete von der Sozialbehörde übernommen wird. Wie hoch deren Miete sein darf, ist in den Höchstwerten zu den „Kosten der Unterkunft“ festgelegt, die sich am Mietenspiegel orientieren. Pahlke fordert, dass die Höchstwerte schnell aktualisiert werden: „Wir erwarten, dass dies zum Jahresanfang 2012 geschieht und nicht erst mit monate- oder jahrelanger Verzögerung.“

Denn die aktuellen Höchstwerte orientieren sich zur Zeit am Mietenspiegel von 2007. Sie wurde dahingehend Anfang 2009 aktualisiert – mehr als ein Jahr nach dem Erscheinen des Mietenspiegels 2007. Die Folge der Verzögerung, die der Mieterverein schon seit Jahren anprangert: Viele Hilfeempfänger erhalten von ihren Vermietern Erhöhungsbescheide. Die Mietkosten liegen dann womöglich über den für sie zulässigen – sie werden aufgefordert sich günstigere Wohnungen zu suchen. „Und das ist ja in Hamburg gar nicht möglich“, sagt Pahlke. Was folgt, seien zähe Kämpfe mit Behörden und Existenzängste. Ein Drittel der Hamburger Haushalte seien aufgrund ihres niedrigen Einkommens auf günstige Wohnungen angewiesen. Davon gibt es in Hamburg aber immer weniger. „Wir reden schon gar nicht mehr von Wohnungsnot, sondern von einer Wohnungskatastrophe.“

Deswegen drängt Pahlke darauf, dass Mieter jeden Erhöhungsbescheid von einem der Hamburger Mietervereine überprüfen lassen: „Wir stellen bei jeder zweiten Überprüfung fest, dass die Erhöhung nicht rechtens ist.“ Da würden Vermieter mit Wohnlage, Baualtersklasse und Größe tricksen. „Wer als Mieter so eine Erhöhung ohne Überprüfung unterschreibt, ist mit Schuld am stetigen Anstieg der Mieten in Hamburg“, sagt Pahlke. „Nicht nur Vermieter, sondern auch die Mieter in Hamburg haben da eine Verantwortung.“

Text: Beatrice Blank
Foto: Bernd Sterzl/pixelio.de