Bulgaren und Rumänen : Grenzkontrollen bleiben

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will die Aufhebung der Kontrollen an den Grenzen zu Rumänien und Bulgarien verhindern. Die Diakonie Deutschland kritisiert die Blockadehaltung und wirft dem Minister Polemik gegen Zuwanderer vor.

Hier hat das Schengen-Abkommen noch keine Gültigkeit: Der Grenzübergang zwischen Bulgarien und  Rumänien in der Stadt Rousse.
Hier hat das Schengen-Abkommen noch keine Gültigkeit: Der Grenzübergang zwischen Bulgarien und Rumänien in der Stadt Rousse. Foto: Action Press/Xinhua

Die EU-Innenminister haben am Donnerstag in Brüssel über den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Abkommen beraten. Wenn sich die Minister dafür entscheiden, fallen die Kontrollen an den Grenzübergängen in beiden Ländern künftig weg. Doch dazu wird es vermutlich nicht kommen, denn: Deutschlands Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sein Veto angekündigt. Für ein „Ja“ müssten alle 26 Mitgliedsländer der EU zustimmen.

Friedrich sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Derzeit ist die Zeit noch nicht reif.“ Die Länder unternähmen zu wenig gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Er könne bei der „Sicherheit unserer Bürger … keine Kompromisse machen“, so Friedrich.

Was der Minister eigentlich verhindern will, ist der Zuzug so genannter „Armutsflüchtlinge“. An der Grenze soll aussortiert werden. „Wer nur kommt, um Sozialleistungen zu kassieren, und das Freizügigkeitsrecht missbraucht, der muss wirksam davon abgehalten werden“, sagte er dem Spiegel. Mehr noch: Arbeitslose Einwanderer sollen ausgewiesen, ihre Wiedereinreise untersagt werden.

„Die derzeitige Polemik gegen die Zuwanderer gefährdet den sozialen Frieden“, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. „Die EU-Erweiterung öffnet für die deutsche Privatwirtschaft neue Märkte. Im Gegenzug müssen alle EU-Bürgerinnen und -Bürger von Anfang an gleichberechtigt ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt nutzen können. Es darf keine EU- Bürger 2. Klasse geben.“

Eine Sonderauswertung des „Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ belegt, dass 80 Prozent der Menschen, die seit Beginn der EU-Mitgliedschaft im Jahr 2007 aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland gekommen sind, einer Erwerbsarbeit nachgehen. Durch die Darstellung der hohen Einwandererzahlen würde ein falsches Bild der Zuwanderung entstehen, meint das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Bei Zuwanderern handelt es sich häufig um Menschen mit Berufen, die in Deutschland dringend benötigen würden. 22 Prozent der Rumänen und Bulgaren seien hochqualifiziert und immerhin 46 Prozent qualifiziert.

Ungeachtet der Fakten werden vor allem Roma in der Diskussion teilweise offen diskriminiert. „Oftmals werden vertriebene Roma diffamiert, ihre Fluchtgründe falsch dargestellt. Vielfach werden Opfer zu Tätern gemacht, Vertriebene kriminalisiert“, kritisiert die Rom und Cinti Union.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zeigte sich besorgt über „die zunehmend aggressiv geführte Debatte“. Deren Vorsitzender Romani Rose appellierte in einem offenen Brief an Bundespräsident Joachim Gauck, die Parteien aufzufordern, die Diskussion „nicht als populistisches Wahlkampfthema auf dem Rücken einer Minderheit zu missbrauchen.“ Roma würden „pauschal zu einer öffentlichen Gefahr erklärt und gebrandmarkt und massiv stigmatisiert.“ Das European Roma and Travellers Forum (ERFT) geht davon aus, dass mehr als eine Million Roma in Europa von einem Land in das andere getrieben werden, ohne jegliche Perspektive.

Text: Simone Deckner, Mitarbeit: Jonas Füllner
Foto: Action Press/Xinhua

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