Ärger auf dem Wohnschiff

Wachdienst schikanierte Obdachlose

(aus Hinz&Kunzt 119/Januar 2003)

Zwei Übergriffe durch Wachmänner meldeten Obdachlose vom Wohnschiff „Bibby Altona“.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2002 soll eine Frau von zwei Männern auf den Kopf geschlagen worden sein. Der Vorfall soll sich ereignet haben, nachdem sich Christine B., die an einer schweren Lungenkrankheit leidet, geweigert habe, in einem für sie bestellten Krankenwagen mitzufahren. Die Wachleute seien wegen dieser Geschichte „richtig genervt“ gewesen, so ein Bekannter der Frau.

Christine B. erzählt, dass sie von Wachmännern gepackt und in eine Ecke gedrängt wurde. Dort sei sie geschlagen worden. Ihr Bekannter konnte nichts sehen, hörte aber die Schreie der Frau, ebenso andere Bewohner. Er beschloss deshalb, Christine B. selbst ins Krankenhaus zu bringen. Der Wachdienst Pütz Security bestreitet, die Frau geschlagen zu haben.

Allerdings war das nicht der erste Zwischenfall. Vier Obdachlose wurden mitten in der Nacht von Sicherheitsleuten vom Schiff gejagt. Der Hintergrund: Ein Mann hatte in den Flur uriniert. Das wurde von den diensthabenden Wachmännern morgens gegen 1.15 Uhr entdeckt. Daraufhin weckten sie sämtliche Bewohner, deren Zimmer auf den Flur führten.

Als alle „angetreten“ waren, zwangen die Wachmänner die Obdachlosen einen nach dem anderen, einen Teil des Flures zu putzen. Vier Obdachlose weigerten sich. Die Sicherheitsleute zwangen die Männer nach deren Aussagen, sofort das Schiff zu verlassen. „Wir hatten kaum Zeit, unsere Sachen zu packen.“ In einem offenen Brief an den Betreiber des Schiffes, pflegen & wohnen (p&w), beschwerten sich die Männer über diese Schikane.

p&w-Sprecher Kay Ingwersen ging der Sache sofort nach. Die Sicherheitsmänner räumten ein, die Bewohner mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und sie zur Säuberung des Flurs gezwungen zu haben. Allerdings stritten sie ab, die Verweigerer von Bord gejagt zu haben. p&w erteilte dem Wachdienst eine mündliche Ermahnung. „Das ist ein drastischer Hinweis: So geht das nicht“, sagte der Sprecher.

Noch am Nachmittag wurden die Obdachlosen wieder aufs Schiff gelassen. Peter Krause, Leiter der zentralen Erstaufnahme, entschuldigte sich bei den Männern. Krause hat allerdings in diesem Fall eine Erklärung für den Vorfall: Am Tag davor hätten vier Obdachlose eine Kabine mit Kot verschmiert. Krause geht davon aus, dass dies mutwillig geschah. Die Obdachlosen erhielten Hausverbot. Und die diensthabenden Wachleute bekamen von ihm einen Anschiss. Da hätten die Männer wohl „überreagiert“.

Das glauben viele Bewohner allerdings nicht. Dass man „blöd angemacht“ werde, komme häufig vor. Drei bis fünf Wachleute von den 20 hätten es regelrecht auf Streit abgesehen. „Denen darf man gar nicht in die Augen gucken, sonst fühlen die sich provoziert“, sagten mehrere Männer. Der Pütz Security Service gehört allerdings zu den Sicher-heitsdiensten mit einem relativ guten Ruf. Die Drogeneinrichtung Fixstern arbeitete mit Pütz zusammen und war „sehr zufrieden. Da hatten wir allerdings zwei bestimmte Ansprechpartner.“

Genau das strebt der Betreiber p&w jetzt auch an: Für das Winternotprogramm sollen in Zukunft zwei spezielle Wachleute zuständig sein. Krause: „Wir versprechen uns davon eine Verbesserung des Klimas.“

Birgit Müller

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