Die Kauf-Kommission

Verbraucher- und Umweltschützer geben Tipps für den Einkauf

(aus Hinz&Kunzt 158/April 2006)

Informieren!

Christian Tronzcak (34) ist Sprecher beim Bundesverband der Verbraucherzentralen

Um dem europäischen Leitbild des aufgeklärten Verbrauchers gerecht zu werden, bräuchten wir Magazine wie den „Ethical Consumer“, der in Großbritannien publiziert wird. Hier werden auch die „inneren Werte“ von Produkten getestet und transparent gemacht. Die Stiftung Warentest hat im vergangenen Jahr auch die soziale Komponente von Produkten getestet – das geht in die richtige Richtung.

Wer den mündigen Verbraucher fordert und will, dass er auch Qualität honoriert, muss ihn informieren. Informationsrechte müssen verankert, Informationspflichten für Behörden und Unternehmen ausgebaut werden – das derzeit hart umkämpfte Verbraucherinformationsgesetz wird ein erster wichtiger Schritt.

Ansonsten hilft es, Produkte mit bekannten Labels, aus der Region oder aus fairem Handel zu kaufen. Einen Überblick über die existierenden Labels gibt die Internet-Seite www.label-online.de. Eine Orientierung bietet auch der „Nachhaltige Warenkorb“ des Rates für Nachhaltige Entwicklung.

Ansonsten: Produkte von „No-Name-Herstellern“ werden oft unter schlechteren Bedingungen hergestellt als Markenprodukte – ganz einfach, weil es für die Markenhersteller schwerwiegendere Folgen hat, wenn Missstände bekannt werden.


Auf Siegel achten!

Bettina von Reden (29) ist Sprecherin von TransFair e.V. und Rugmark

Um keine ausbeuterischen oder umweltschädlichen Herstellungsbedingungen zu unterstützen, erscheint es uns am einfachsten, Produkte aus der Region zu kaufen. Doch viele für uns alltägliche Produkte werden bei uns nicht angebaut – etwa Kaffee, Tee, Kakao oder Reis; oder die heimische Produktion reicht nicht aus, wie bei Honig, Wein, Rosen oder Sportbällen. Um unseren Bedarf zu decken, schuften Menschen in Entwicklungsländern oft für Hungerlöhne, Kinder müssen mitarbeiten, und grundlegende Arbeitsschutzrichtlinien und Menschenrechte werden missachtet.

In wachsendem Ausmaß haben wir beim Einkauf jedoch die Wahl, auf unabhängig kontrollierte Siegel zu achten. Zum Beispiel garantiert das Transfair-Siegel faire Preise für die Produzenten, langfristige und direkte Handelsbeziehungen, soziale Arbeitsbedingungen ohne illegale Kinderarbeit und einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen. Die Partner in Afrika, Asien und Lateinamerika nutzen die zusätzlichen Einnahmen, um soziale Projekte oder die Umstellung auf ökologischen Landbau zu finanzieren.

Ein anderes Import-Produkt sind handgeknüpfte Teppiche. Besonders aus Nepal, Indien und Pakistan hört man dabei immer wieder von Kinderarbeit. Diesem Problem widmet sich seit 1995 die Initiative Rugmark, die mit Partnern vor Ort ein Programm zur Kontrolle von Knüpfbetrieben und zur Rehabilitierung von befreiten Kinderarbeitern aufgebaut hat. Beim Kauf eines Teppichs aus einem der drei Länder hilft daher ein Blick unter den Teppich nach dem Rugmark-Siegel.

Verbraucher schützen!

Thilo Bode (59) ist Geschäftsführer und Gründer von foodwatch e.v.

Zu wissen, was wir essen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Doch in Deutschland werden den Verbrauchern grundlegende Informationen vorenthalten. Um das zu ändern, brauchen wir ein Verbraucherinformationsgesetz (VIG), das das Recht der Bürger auf Auskünfte durch Behörden und Unternehmen regeln wird. Gegenwärtig gibt es dazu einen Entwurf, den Bundesverbraucherminister Seehofer vorgelegt hat, der an den Missständen kaum etwas ändern wird. So können die Behörden alle Informationsanfragen der Verbraucher mühelos zurückweisen. Doch Transparenz ist der beste Schutz gegen Lebensmittelskandale. Beispiel: In Großbritannien werden seit der BSE-Krise die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen leicht verständlich und tagesaktuell veröffentlicht. Seitdem gab es dort keine größeren Skandale mehr.

Deshalb hat foodwatch ein VIG entworfen, das Transparenz garantiert. Seehofer will sein VIG im Eilverfahren durchbringen. Das müssen wir verhindern – engagieren Sie sich für Ihre Bürgerrechte! Gehen Sie auf die Aktionsseite www.ess-wissen.de und beteiligen Sie sich an der foodwatch-Petition für ein taugliches VIG.

Meine Tipps: Bei Pestizid-Kontrollen sind Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau bislang noch nicht negativ aufgefallen und gerade im Winter empfehlenswert. Bei Fleisch ist es eine Alternative, bei Produzenten und Metzgern der Neuland-Gruppe www.neuland-fleisch.de zu kaufen. Das kostet nur etwa die Hälfte von Biofleisch, garantiert aber gewisse Mindeststandards wie keine Gentechnik im Futter und artgerechte Bedingungen bei der Tierhaltung.

Mehr Informationen unter www.foodwatch.de

Beschweren!

Christoph von Lieven ist Campaigner für Verbraucherarbeit bei Greenpeace

Bei Nahrungsmitteln, speziell bei Obst und Gemüse, kann man ganz klar den Tipp geben: Bio- oder zumindest regionale und saisonale Produkte kaufen. Natürlich kann das einen Verzicht auf Luxus bedeuten, etwa frische Erdbeeren im Januar. Aber dafür kann man sich ziemlich sicher sein, das man gute Produkte bekommt. Und dass sie nicht, wie die Erdbeeren, mit Giften für den langen Weg von den Erzeugerländern hierher haltbar gemacht wurden.

Viele Produkte aus Ländern, in denen weniger strenge Produktionsvorschriften herrschen, sind auch für den Verbraucher hier gefährlich: Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise Trauben aus Spanien verkauft, die so mit Pflanzenschutzmitteln vergiftet waren, dass schon drei einzelne Trauben ausgereicht hätten, um Kinder gesundheitlich zu gefährden. Wenn man dann noch vor Augen hat, wie die Trauben auf riesigen, mit Plastikplanen überdachten Feldern angebaut werden, fällt einem der Verzicht leichter. Hier werden schon bei der Produktion die Böden, das Grundwasser und die dort arbeitenden Menschen vergiftet. Und der Giftgehalt für die Verbraucher ist zum Teil alarmierend hoch.

Aber die Kunden sollten ihre Möglichkeiten, gegen solche Missstände vorzugehen, nicht unterschätzen. Bei Lebensmitteln gibt es Gewinn-Margen von nur zwei bis vier Prozent – da tut den Händlern und Produzenten jeder Kunde weniger weh.

Konzentrierte Aktionen, beispielsweise Beschwerdemails über www.einkaufsnetz.org bei Handelskonzernen, können dazu beitragen, dass die Firmenpolitik geändert wird.