Harrys Revier

Maria Ketikidou über Liebe und Freundschaft und über ihre Rolle als Zivilfahnderin auf dem Kiez

(aus Hinz&Kunzt 155/Januar 2006)

Seit 20 Jahren kümmern sich die Polizeibeamten des ARD Klassikers „Großstadtrevier“ um kleine Fische und große Haie auf dem Kiez. Dafür gab’s die Goldene Kamera 2005 für die beste deutsche Kultserie. Maria Ketikidou ist seit 1993 dabei, als Zivilfahnderin Harry Möller. Erika Weyler traf sich mit der 39-jährigen Schauspielerin.

Hinz&Kunzt: Harry ist kollegial, einfühlsam und gut gelaunt. Erkennen Sie sich da irgendwo wieder?

Maria Ketikidou: ch bin ein typischer Zwilling, himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt, wie es so schön im Volksmund heißt. Harry dagegen ist immer positiv. Sie hat ein gutes Maß an Natürlichkeit, Burschikosität, ist einfühlsam und beständig. Ich hingegen bin im überhöhten Maße einfühlsam, fast schon ein Sensibelchen oder eine Mimose.

H&K: Möchten Sie mit Harry befreundet sein?

Ketikidou: Das könnte ich mir gut vorstellen, eine gewisse Seelenverwandtschaft ist ja nicht abzustreiten. Mit Harrys Schwächen und Macken kann ich mich durchaus identifizieren. Nur Engel oder Held sein geht nicht.

H&K: Bei der Verfolgung von großen Haien und kleinen Fischen gibt es oft gefährliche Situationen. Lassen Sie sich bei Actionszenen doubeln?

Ketikidou: Nur, wenn es unbedingt sein muss. Beim Autocrash ist die Gefahr der Verletzung zu groß. Da brauche ich eine Stuntfrau. Aber allzu viel Action gibt’s bei uns nicht. Ich würde mir manchmal mehr wünschen.

H&K: Wie gefallen Ihnen die neuen blauen Uniformen der Hamburger Polizei?

Ketikidou: Super, modisch und chic. Die Beamten tragen die Uniform sehr selbstbewusst.

H&K: Für die Darstellung von Harry sind Sie zur Ehrenkommissarin der Bayerischen Polizei des Jahres 2005 ernannt worden und haben die Dienstmütze bekommen.

Ketikidou: Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Für mich ist das eine tolle Auszeichnung. Die Mütze hat einen Ehrenplatz bei mir zu Hause.

H&K: In der vorigen Staffel hat es zwischen Harry und dem Kollegen Henning Schulz alias Till Demtröder heftig geknistert. Gibt’s eine Fortsetzung dieser Lovestory?

Ketikidou: Die Liebesgeschichte ist gescheitert. Man arbeitet miteinander, dann knallt und funkt es plötzlich. Tausend Mal ist nichts passiert. Irgendwann dann doch, aber der raue Polizeialltag macht es wieder kaputt. Ich finde es ganz gut, dass nicht alles so glatt geht.

H&K: Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit Polizeibeamten gemacht?

Ketikidou: Als Jugendliche keine guten, weil ich kleine frisierte Mofas und Fahrrad ohne Licht gefahren bin. Heutzutage auf Veranstaltungen und Polizeibällen sind alle ganz nett zu mir.

H&K: Welche Talente hätten Sie gerne gehabt?

Ketikidou: Ich möchte gern singen können, das wäre mein Traum fürs nächste Leben. Pop, Rock, Funk, Soul, Jazz, da kenne ich mich gut aus.

H&K: In den Neunzigern haben Sie als Animateurin in der ARD-Serie „Sterne des Südens“ mitgespielt und viel von der Welt gesehen. Wo fanden Sie es am schönsten?

Ketikidou: Der Senegal hat mich stark beeindruckt. Ich hatte das Gefühl, dort schon einmal gelebt zu haben. Ich fühlte mich zurückversetzt zum menschlichen Ursprung. Da sind unsere Wurzeln, im genetischen und musikalischen Bereich. Die Menschen, die Landschaft mit den Bougainvilleen und den Erdfarben, alles war mir sehr vertraut.

H&K: Sie sind in Hagen/Westfalen geboren, in Schleswig-Holstein aufgewachsen und leben in Hamburg. Was gefällt Ihnen an dieser Stadt?

Ketikidou: Ich kenne keine andere in Deutschland, die schöner sein könnte. Hamburg kann man jeden Tag neu entdecken, genau wie die Liebe. Es gibt so schöne, malerische Flecken. An der Alster oder an der Elbe geht mein Herz auf. Im Hirschpark habe ich eine Lieblingsbank. Nur das Wetter dürfte ein bisschen besser sein.

H&K: Die Hamburger gelten als zurückhaltend. Ist das für Sie ein Problem?

Ketikidou: Nur wenn man sich unsicher fühlt kommt einem die spröde Hamburger Art arrogant vor. Man sollte selbstbewusst sein und sich die Mühe machen, diese Menschen zu knacken. Der Kern der Hamburger ist ein ganz anderer. Seitdem ich das kann, geht’s mir viel besser in dieser Stadt. Aber mit 16 Jahren weiß man das noch nicht.

H&K: Ihr Ehemann hat einen japanischen Vater, die Schwiegermutter stammt aus Ostfriesland. Wo haben Sie beide sich kennen gelernt?

Ketikidou: Schon 1980 auf dem Gymnasium Hochrad in Klein Flottbek. Ich fand ihn schon immer cool. Richtig geschnackelt hat es dann acht Jahre später in einer Disco.

H&K: Sie sind mit Tom Yamaoka seit sieben Jahren verheiratet. Wollen Sie Kinder?

Ketikidou: Der Wunsch nach einem Kind war bisher nicht stark genug, sonst hätte ich welche. Wir sind glücklich miteinander ohne Kind. Diesen Status quo wollen wir nicht kaputt machen. Da sind mein Mann und ich uns einig.

H&K: Ihre Eltern sind Griechen. Was sind Ihre griechischen Wurzeln?

Ketikidou: ch bin ein Gastarbeiterkind und in den 70-er Jahren in Itzehoe aufgewachsen. Mit Mustertapete, grünem Samtsofa, mit ABBA und Filmen wie „Grease“. Ich stehe so dazwischen, empfinde mich als Kosmopolit. Eine Athenerin ist vielleicht tausend Mal moderner als ich.

H&K: Was bedeuten Ihnen Freunde?

Ketikidou: ch habe wenige, aber ganz enge Freunde. Meine Freunde haben sich bewährt, weil sie da waren, als es mir schlecht ging. Ich würde alles für sie tun, wir können uns aufeinander verlassen. Ich kann mich so zeigen, wie ich bin. Zusammen mit ihnen möchte ich alt werden. Wenn unsere Eltern-Generation stirbt, wir kinderlos sind, dann bleiben nur die Freunde. Wir müssen uns im Alter gegenseitig helfen und Alternativen zum Altersheim finden. Darüber mache ich mir Gedanken.

H&K: Was macht Ihnen besonders viel Spaß?

Ketikidou: Mit Tom zusammen zu sein, Kochrezepte auszuprobieren, mit Freunden zu essen und amerikanische Filme im Original anzuschauen.

H&K: Gucken Sie „Großstadtrevier“?

Ketikidou: Ganz selten, weil ich meist dann arbeite. Meine Oma in ihrem 600-Seelen-Dorf in Griechenland hat neuerdings eine Satellitenschüssel. Sie versteht kein Wort, aber findet mich klasse. Ist das nicht süß?

Interview: Erika Weyler

Die Serie „Großstadtrevier“ läuft montags um 18.50 Uhr in der ARD. Am 16. Januar beginnt die 20. Staffel. Die Polizeiserie, die auf dem Kiez spielt, wird regelmäßig von fünf Millionen Zuschauern eingeschaltet. Der beliebteste Schauspieler ist Jan Fedder als Dirk Matthies, ein Polizist mit Schlag bei den Frauen, frecher Hamburger Schnauze und trockenem Humor.

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