Der Zukunft ein Zuhause geben

Nadine (36) verkauft seit anderthalb Jahren Hinz&Kunzt. Nebenbei schreibt sie unermüdlich Bewerbungen – und träumt von einer eigenen Wohnung.

(aus Hinz&Kunzt 218/April 2011)

Lucky hat Glück. Nicht nur dem Namen nach: Nadine kümmert sich liebevoll um den zweijährigen Husky. Der Hund war knapp acht Monate alt, als Nadine ihn gemeinsam mit ihrem besten Freund aus einer Familie holte, die ihn misshandelt hatte. Jetzt ist Lucky ihr treuer Begleiter – auch an ihrem Verkaufsplatz im Jungfernstiegtunnel oder in der Europapassage: „Erst neulich hat ein Stammkäufer wieder Schweineohren für Lucky vorbeigebracht.“ Nadine lächelt. Die Hinz& Künztlerin möchte ihrem Hund eine Art Zuhause bieten. Obwohl sie zurzeit selber keines hat – und eigentlich auch niemals eines hatte.
218-MomentaufnahmeNadine wurde in Bremen geboren, hat drei Halbgeschwister, „wahrscheinlich alle von jeweils einem anderen Vater“. Ihrer war Seemann, kam nur selten heim. Bis er irgendwann gar nicht mehr kam: „Er hat sich eine neue Frau gesucht – mit einer Tochter, die am gleichen Tag geboren wurde wie ich.“ Nadine schaut auf den Boden. „Von mir wollte er nichts mehr wissen.“
Nadines Mutter zog mit den Kindern häufig um, oft schon nach wenigen Monaten. Keine Chance für Nadine, sich an einer Schule einzuleben und Freundschaften aufzubauen.
Besser wurde es, als Nadine mit 14 zu ihrer Oma zog. „Die habe ich immer für ihre Kraft und ihren Mut bewundert.“ Nadine machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau, arbeitete anschließend bei einer kleinen Presseagentur in Worpswede – bis ihr betriebsbedingt gekündigt wurde. Mit unterschiedlichen Jobs bei Zeitarbeitsfirmen hangelte sie sich durch, danach zog sie zu ihrem damaligen Freund und mit ihm quer durch Deutschland. Zu ihren Eltern und ihren Geschwistern hatte sie da schon keinen Kontakt mehr: „Mit dem Kapitel habe ich abgeschlossen.“
Nach der Trennung von ihrem Freund landete sie vor knapp zwei Jahren mittellos und ohne Bleibe in Hamburg, verkauft seit September 2009 Hinz&Kunzt. Fast genauso lange wohnt sie mittlerweile im Pik As und teilt sich dort mit ihrem besten Freund ein Zimmer, das die beiden abschließen können. „Immerhin.“ Trotzdem möchte Nadine da so bald wie möglich raus. Sie träumt von einer eigenen Wohnung, einem sicheren Arbeitsplatz – und von einer eigenen Familie: „Ich möchte bald Kinder haben“, sagt sie. „Und für die dann ein richtiges Zuhause.“

H&K: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Nadine: Klingt sicher merkwürdig, aber: eine OP! Seit ich in Hamburg bin, habe ich dank der Unterstützung von meinem besten Freund 50 Kilo abgenommen. Das ist toll – aber jetzt leide ich an der überschüssigen Haut, die sich dadurch gebildet hat.

H&K: Was ist dein Lieblingsplatz in Hamburg?
Nadine: Unter den Palmen im Park Fiction auf St. Pauli. Ich liebe es, von dort auf die Elbe und Schiffe im Trockendock zu schauen

Text: Maren Albertsen
Foto: Mauricio Bustamante